Das ubiquitäre Netz als ökonomischer Sündenfall
oder neue Konkurrenzen von Regionen, Standorten und Siedlungsstrukturen
27. Dezember 2001
Überall möglichst gleichwertiger und gleich teurer Zugang zu allen Netzen und Diensten: so lauten Träume und Forderungen der Nutzer. Das gilt für Verkehr wie für Telekommunikation und andere Distanztechniken. Die Anbieter bedienen das gern, und Sozialwissenschaftler und Stadtplaner konstatieren das Verschwinden des Raums und die Beliebigkeit von Standorten.
Tatsächlich wären die Netz- und Dienstqualitäten im Raum höchst ungleich verteilt, wenn man etwa für städtische Strukturen und disperse Siedlungen getrennte, kostenorientierte Preise verlangen würde. Erst dann aber könnten Infrastrukturen und Endgeräte wirklich ökonomisch optimiert und dimensioniert werden. Denn erst dann könnten sich Nutzergewohnheiten und Nachfrage durch unterschiedliche Zahlungsbereitschaft artikulieren und bilden ein Paradigma marktwirtschaftlicher Ordnungen. Dagegen führen die heutigen Pauschalierungen und Flat-Rates zum Rosinenpicken, und damit schnell zu erheblichen Überdimensionierungen und strukturellen Schieflagen. Wo Telekommunikation aber dienende Funktion hat, fehlt dadurch das Geld für Primäransprüche.
Das gilt nur wenig für die Signaldichte heute üblicher Mails, Telefongespräche oder kleiner Dateien; die Digitalisierung hat diese Datenmengen so bedeutungslos gemacht, daß sie die vorhandenen Netze nur marginal belasten. Völlig anders aber bei Real-Time-Breitbanddiensten(etwa hochauflösende Bildkonferenzen, Telechirurgie oder Telemaschinenwartung, auch triviale Massendaten wie Road-Pricing im Sekundenrhythmus und ähnliche hochinteressante Anwendungen). Überall führen hier Datenmengen und Systemunterschiedezu erheblichen Abhängigkeiten von Distanz-, Regional-, Standort- und Siedlungsstruktur. Für die Wirtschaftlichkeit zukünftiger Investitionsentscheidungen für Standorte, Systeme und Dienste ist das von erheblicher Bedeutung. Beispiele sind z.B. die Standorte geostationärer Satelliten, die Anlage von Glasfaserterminals an Küstenstädten von Binnenmeeren, die Prioritäten bei der UMTS-Relaisausstattung, oder regionalwirtschaftlich orientierte Internet-Protocol-Zusätze.
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