Nachhaltige Mobilität durch mehr Marktwirtschaft

25.5.2003

Die Mobilitätsentwicklung leidet häufig unter ihrer staatlichen Organisation, etwa bei Überlastungen, Überteuerungen oder technisch-wirtschaftlichen Widersprüchen. Betrachtet man Mobilität als Teil der materiellen Versorgung, empfehlen sich marktwirtschaftliche Elemente; für Nachhaltigkeit müssen regelnde, ökologische, und soziale Ergänzungen sorgen.

1. Grundlagen

Mobilität ist ein knappes, vermehrbares Wirtschaftsgut. Daher sollte seine Produktion und Verteilung nicht durch staatliche Funktionäre, sondern nach Angebot und Nachfrage am Markt über Preise und Zahlungsbereitschaft erfolgen. Alle Verkehrskosten müssen bei Verursachung differenziert direkt, und nicht pauschaliert oder über den Staat bezahlt werden.

Nachhaltigkeit erfordert staatliche Regelungen und Internalisierung der Umweltfolgen. Staatliche Regelungen gegen Missbrauch, unproduktive Konkurrenzen, soziale und ökologische Kostenabwälzungen gelten nicht nur für Verkehr, sondern für die gesamte Marktwirtschaft. Beispiele hierfür sind Verkehrsregeln oder Energieabgaben.

Nachhaltigkeit erfordert Effizienz. Systeme und Regeln dürfen weder auf Nachfragereserven noch auf technische Höchstleistung dimensioniert werden. Höchster Wirkungsgrad heißt mittlere Leistung bei hoher Auslastung. Bei Internalisierung aller externen Folgen entsprechen sich (bei Einbeziehung von Zins und Abschreibung!) ökologische und ökonomische Effizienz.

Mobilität beinhaltet alle Mittel der Raumüberwindung: Personen, Güter, Energie, Strom, Information. Die Bürger sind frei, zwischen unterschiedliche Mobilitätsformen oder auch völlig anderen Alternativen (mehr Wohnfläche, ...) zu wählen. Das Maß der Mobilität ist hoch flexibel.

2. Einige politische Massnahmenvorschläge

Vermarktung der bestehenden Infrastruktur zu Höchstpreisen. Z.B. sollten Strassenbenutzungspreise für alle Strassen, Fahrzeuge, Parkplätze nach Angebot und Nachfrage höchstmögliche Renditen für die Eigentümer (I.W.Bund, Länder, Kommunen) erbringen. Die Verwendung der Kapitalerträge liegt ohne Zweckbindung im freien Ermessen dieser Eigentümer.

Differenzierung der Verkehrspreise nach Tageszeit und Siedlungsstruktur. Entsprechend genauen Kosten- und Ertragsrechnungen müssen MIV- und ÖV-Preise zwischen urbanen und dispersen Gebieten höchst unterschiedlich kalkuliert und keinesfalls pauschaliert (wie bisher bei Fahrscheinen und Mineralölsteuern!) erhoben werden.

Neuinvestitionen nur bei Vollkostenrendite. Bei Investitionsentscheidungen müssen die zu erwartenden Nutzungspreise alle Kosten (einschliesslich externe Kosten, Grundstücke, Verzinsungen, Abschreibungen und Unternehmergewinne) abdecken.

Regelungs-, Betriebs- und Systementscheidungen für höchste Effizienz. Änderungen sind erforderlich bei Technischen Standards, Verkehrsregeln wie Tempo-Überhol- und und Beschleunigungslimits, Leistungsbegrenzungen; flächendeckender ÖV-Vorrang auf der Straße, ÖV-Vertaktung unter Einbeziehung des Luftverkehrs, u.v.a.m..

Immobilienförderung nach Siedlungsstruktur. Steuervergünstigungen nur für Nachverdichtungen an ÖV-Schnittstellen. Nur wirtschaftliche Restlaufzeiten für sonstige Standorte. Lastenausgleichsprogramm für Folgen konsequenter Bauleitplanung für Schrumpfungsgebiete.

Änderungen der Verkehrsverwaltungen. Alle ortsfesten Infrastrukturen (Straßen, Schienen,...) sollten als gewinnträchtige Wirtschaftseinheiten rechnungspflichtig den Finanzressorts der Länder zugeordnet werden. Betrieb und Verkehrsregeln sowie eine Regulierungsbehörde gegen wirtschaftliche und technische Kartellbildungen wären europäische Aufgaben.

Unabhängiges Forschungsprogramm Nachhaltige Mobilität. Wichtige Erkenntnisdefizite liegen z.B. in den Bereichen Energieverbrauch und Zeitschiene, in den Kostenstrukturen der verschiedenen Transportsysteme, oder den technisch-wirtschaftlich Gesetzmässigkeiten der Transporte von Strom und Information.

3. Einige vermutete Folgen

Sinkende Verkehrsnachfrage wird sich auf verträgliche Verkehrssektoren konzentrieren. Überlastungen und Staus werden nahezu verschwinden. Die Nachfrage nach Infrastrukturerweiterungen wird gegen Null gehen. Die bestehenden Systeme werden auf verträgliche Anforderungen umgerüstet werden.

Steigende Mobilität wird im Sinne von Erreichbarkeit und Wahlfreiheit eintreten. Siedlungsstrukturelle Gewinner werden die wirklich urbanen ÖV-Knotenpunkte (konkurrenzlos billiger ÖV) und die wirklich ländlichen Räume (relativ billiger MIV)sein. Neubau und Renovierung wird sich im Wesentlichen auf Nachverdichtung an den ÖV-Knoten beschränken.

Allgemeine Steuerentlastungen von einem Viertel (aus Verkehrseinnahmen!) werden die Bürger entlasten. Dann sind sie frei, mehr oder weniger Mobilität zu verbrauchen oder einzusparen. Sie sind auch frei, stattdessen ihr Geld für andere Zwecke zu verwenden. Die Wirtschaftstätigkeit bleibt gleich oder steigt durch anderweitige Investitionen anstelle von Verkehrskonsum.

Umweltentlastungen von einem Drittel sind realistisch. Die verbleibenden Schäden werden von denVerursachern bezahlt. Weitere Senkungen sind durch Erhöhung der Umweltabgaben möglich. Vieviel davon auf Mobilität fällt, kann der Verbraucher frei entscheiden. Zusätzlich entwickeln sich die Siedlungsstrukturen in Richtung Nachhaltigkeit.