Ideenskizze für ein Forschungsvorhaben

Telematikentwicklung:
Möglichkeiten regionaler und kommunaler Abstimmung

Hans-Henning von Winning,

April 1998

Das Vorhaben soll dazu beitragen, daß Informations- und Kommunikationstechniken zum Nutzen kommunaler und regionaler wirtschaftlicher und sonstiger Eigenständigkeit eingesetzt werden. Zur Zeit besteht die Gefahr, daß diesen Schaden zugefügt wird: Nicht durch Markt und Technik, sondern durch Übermaß, Markt- und Technikverfälschung, sowie partikulare Interessen an Globalisierungen.

1. Derzeit rapide Entwicklung, Verschleierung von Entfernungen, Benachteiligungen innerregionaler Verknüpfungen

Elektronische Informationsübertragung durchdringt zunehmend alle Lebensbereiche. Die dabei überbrückten Distanzen werden in den Preisen kaum (z.B. Telefon ) oder gar nicht (z.B. TV, Internet) berücksichtigt, sondern pauschaliert. Dadurch richten sich die Nutzergewohnheiten zu stark auf die (künstlich verbilligten) kontinentalen und globalen, statt auf die (künstlich verteuerten) lokalen oder regionalen Verbindungen aus. Dies ist langfristig höchst unwirtschaftlich, da die Fernverbindungen tatsächlich durchaus kostenintensiver sind (Satelliten, Seekabel, etc.). Darüberhinaus werden die Nutzungen auf die schmalbandigen Telefon-Derivate (z.B. e-mail, Internet) beschränkt, statt auch breitbandige Life-Video-Dialog-Dienste fortzuentwickeln (z.B. Videokonferenzen, Gerätewartungsanleitung, persönliche Betreuung). Auch letztere würden den Technikfortschritt der Digitalisierung völlig nutzbar machen.

All das wertet extrem kommunale und besonders (wegen technisch-wirtschaftlich besonders günstiger Bedingungen) regionale Lebenszusammenhänge ab.
 

2. Kommunale und regionale Abstimmung notwendig: Infrastrukturen, Betriebs- und Gebührenordnungen

Die Interessen der Nahräume sind vor allem dann durchsetzbar, wenn sie ökonomisch sinnvolle Kostenstrukturen widerspiegeln. Diese Forderungen sind er-füllt, wenn die Kosten von Endgeräten, In-House-Installationen, Entfernungen und Rechenknoten differenziert, offengelegt und auch zugerechnet werden.

Auch dann würde der Telematikmarkt entsprechend der technischen Entwicklung dramatisch wachsen; allerding anders als derzeit: regionale und lokale Verbindungen würden extrem billige Massengewohnheiten, ergänzt durch sehr günstige regionale Life-Video-Dialog-Dienste. Nationale und internationale Verbindungen würden auch billiger, aber ohne Subventionen und Marktverfälschungen.

Ansatzpunkte für Abstimmungen könnten sein: Koax-Netze großer Wohnanlagen (z.B. in kommunalen Baugesellschaften); Netze von Kommunen sowie kommunalen oder regionalen Betrieben wie Energieversorgern. Regionale Leitsysteme und Betriebsprioritäten bei Systemstandards (z.B. auch regionale Suchmaschinen). Abrechnungsheader für entfernungsabhängige Kosten (z.B. Kleinstkosten im zukünftigen Internet-Protokoll).
 

3. Forschungsziele: Ermittlung von Möglichkeiten und Grenzen kommunaler und regionaler Mitwirkung

Dazu sind technisch-wirtschaftliche Randbedingungen der Telematik mit raum- und siedlungsstrukturellen Entwicklungsvarianten in Beziehung zu setzen. Daraus ergeben sich regionale und kommunale Ziele und Handlungsmöglichkeiten. Diese müssen mit den Systemanbietern diskutiert werden; einschließlich der sich ergebenden rechtlichen und politischen Implikationen.

Entscheidend wird sein, bei der bevorstehenden Integration aller Telematik-Dienste die kommunalen und regionalen Interessen ausreichend zu berücksichtigen; dazu müssen auch die eigenen Handlungsspielräume (Zusatzprotokolle, föderative Netze) abgeschätzt werden.
 

4. Mögliche Träger: föderative regional verantwortliche Institutionen Vorstudie eineinhalb Jahre, Hauptstudie drei Jahre

Der Vorhabenträger sollte sowohl wirtschaftlich als auch regional verantwortlich sein. Dabei sollten ein Verband sowie beispielhaft ein oder zwei Einzelregionen oder -städte einbezogen werden. Die Schwierigkeiten der Aufgabenstellung sowie die Notwendigkeit weitgehender Grundlagenarbeit erfordern eine mehrjährige Studie; der nur eingeschränkt vorhersehbare Projektfortschritt läßt eine stufenweise Bearbeitung empfehlenswert erscheinen.